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Unsere
Spechte – und ein Erfassungsprogramm zum Mitmachen
Auwälder gelten auf Grund ihrer Artenvielzahl von Tieren und Pflanzen als die Urwälder in unseren Breiten. So leben 7 verschiedene Spechtarten in den
Wäldchen und Wäldern an Donau und Isar: Schwarz-, Bunt-, Mittel-, Klein-, Grün- und Grauspecht sowie der Wendehals, der im weiteren Sinn auch zu den Spechten gehört. Betrachtet man den Körperbau,
haben sie alle vieles gemeinsam, das bei andere Vogelarten in dieser Ausprägung nicht zu finden ist: einen kräftigen Hackschnabel mit Polsterung im Schädel, damit die Schläge auf das Holz keine
Gehirnerschütterung verursachen; eine Zunge, die über mehr als die doppelte Schnabellänge herausgestreckt werden kann und deren Spitze widerhakenartige Zähnchen hat; Kletterfüße, deren äußere
Zehen nach hinten geklappt werden können und so einen hervorragenden Halt am senkrechten Baumstamm finden; und nicht zuletzt einen verhältnismäßig langen und kräftigen Stützschwanz. Diese
Körperbauelemente brauchen sie zum Nahrungserwerb und - fast noch mehr - zum Bau ihrer Bruthöhlen.
Der Körperbau des Spechtes ist an seine Umwelt angepasst.
Um seine "Werkzeuge" richtig einzusetzen, braucht er dazu von Natur aus die richtigen Verhaltensweisen, die im Prinzip
nicht erlernt werden müssen.
Diese können jedoch durch Lernen und Erfahrung verfeiner
weisen bilden mit der dazu passenden Umwelt ein "funktionales System". Dieses wurde von manchen Ökologen zutreffend als dieökologische Nische bezeichnet.
Wie können nun 7 Vogelarten, die über dieselben Voraussetzungen für die Erschließung ihrer Nahrungsquelle ‚Baum‘ verfügen, ohne Konkurrenz miteinander
leben?
Mit einem Märchen lässt sich das gut veranschaulichen:
Es war einmal vor Urzeiten. Da lebte in diesen Urwäldern eine einzige Spechtart. Auch die Bäume konnten
ihr natürliches Alter von mehreren hundert Jahren erreichen, da die Wälder noch nicht von Menschen genutzt wurden, die die Bäume schon in deren Jugendzeit fällten. Wenn sie schließlich allmählich
abstarben, bot ihr Skelett den vielen auf Totholz spezialisierten Insekten für viele weitere Jahrzehnte Nahrung, und die Spechte hatten ein optimales
Futterangebot. Sie vermehrten sich, wurden immer mehr, ihre Dichte stieg, das Gedränge unter ihnen wurde immer enger. Auch die Nahrung wurde zu
gewissen Jahreszeiten knapper und der Stress wurde immer größer. Da beriefen die Ältesten und Erfahrensten unter ihnen eine Versammlung ein, die sie „S-7-Gipfel“ nannten (‚S‘ für Specht, und mit der 7 sollte das spätere Ergebnis vorweggenommen werden). Nachdem es das Phänomen der Korruption damals noch nicht gab, konnten
sich die Weisen schnell darauf einigen, dass es das Beste wäre, die Nahrungsgründe untereinander aufzuteilen. Als Kriterium wurde die unterschiedliche Größe vorgeschlagen, wie sie immer in einer
Artengruppe vorkommt, weil nie alle Individuen gleich groß sind.
Den Größten wurden dicke Bäume und Baumstümpfe zugeteilt. Sie bekamen einen schwarzen Anzug,
und damit sie später einmal nicht in politische Querelen hinein gezogen werden konnten, durften sie sich noch rote Käppchen aufsetzen, wie wir sie bei den Erzbischöfen finden. Diese Gruppe nannte
sich die „Schwarzspechte“.
Bild 1 + 2 Schwarzspecht Weibchen
Bild 3 + 4 Schwarzspecht Männchen
Die nächstgroße Gruppe war zahlenmäßig häufiger, sie sollten sich durch grüne, bzw. eher graue Kleider von den Schwarzen unterscheiden. Sie nannten
sich die „Grün“-, bzw. die „ Grauspechte“. Ihnen wurden als Futtergebiete „offene“ Flächen mit
geringerem Baumbestand (beim Grünspecht weniger, beim Grauspecht eher mehr Bäume) zugesprochen. Sie hatten sich auf Ameisen zu spezialisieren. Das Recht, sich Baumhöhlen zu meißeln, durften sie
weiterhin behalten.
Bild 1 Grünspecht Männchen mit rotem "Bart"
Bild 2 das gleiche Männchen sträubt die Federn
Bild 3 Grünspecht Weibchen "Bart" nur schwarz
Bild 4 junger Grünspecht bei seiner typischen Nahrungssuche (Ameisen) im Boden
Zwei weitere Gruppen waren dann noch etwas kleiner von Gestalt. Mit ihrer ebenfalls kleineren Werkzeug- sprich Schnabelausstattung sahen die
Schwarzspechte in ihnen keine großen Konkurrenten. Die den beiden Gruppen verliehene Kleidung ähnelt sich sehr (vorwiegend schwarzweiß mit rotem Unterbauch und unterschiedlicher roter Zeichnung
am Kopf). Der etwas Kleinere der beiden (er hieß von jetzt an „Mittelspecht“) sollte vor allem an alten Laubbäumen die Rinde flächenhaft
abschälen und darunter seiner Nahrung suchen. Der Größere der beiden, der „große Buntspecht“, erwies sich als etwas verhandlungsresistenter und forderte für sich geringere Einschränkungen. Man
gestand ihm zu, dass er unterschiedliche Futterquellen benutzen darf. So ist es nicht verwunderlich, dass gerade er heute unser häufigster Specht ist.
Bild 4 Buntspechtmännchen (roter Nacken) demonstriert seine variable Nahrungssuche
Die Kleinsten waren am seltensten – und sind es auch heute noch. Vom Aussehen erinnern sie an die beiden
gerade Beschriebenen, nur Rottöne sind ausschließlich den Männchen als Kopfbedeckung erlaubt. Während dem Schwarzspecht sehr große Revierflächen zugestanden werden mussten, damit er auch satt
werden kann, mussten sich die spatzengroßen „Kleinspechte“ mit kleinen Futterflächen begnügen. Diese reichen ihnen aber auch aus, wenn nur ihre Qualität gut ist.
Bild 1 + 3 Kleinspecht Männchen, dem Weibchen fehlt die rote Kappe
Bild 2 demonstriert das Größenverhältnis zwischen Buntspecht (Männchen) und Kleinspecht
Übrig blieben nur noch die zweitkleinsten Vertreter, sie wurden braun eingekleidet und sollten sich ausschließlich von Ameisen und von am Boden lebenden Insekten
ernähren. Als Zugeständnis brauchten sie sich keine eigene Höhle zimmern, sie durften eine verlassene Wohnung eines anderen Spechtes benutzen. Das waren die „Wendehälse“.
Wendehals
auf Bild 1 die typische Suche seiner Nahrungsquelle: Ameisen
So schafften es die Spechte, sich in unterschiedliche Berufsgruppen aufzuteilen und einigermaßen friedlich miteinander zu leben.
Eines ist sicher: Ein derartig friedliches Miteinander gelingt Menschen eher nicht. Es wäre tatsächlich ein wunderbares Märchen, wenn ein G–7-Gipfel
zu einem derart erfolgreichen Ergebnis führen würde.
Aber auch Evolutions- Biologen haben mit dem Spechtmärchen ihre Probleme, sie sehen da manches anders. Durch ihre Brille betrachtet stellen sich die
Entwicklungen so dar: Eine große Spechtgruppe (Population) wird durch ein klimatisches, geologisches oder Krankheitsereignis in Teilgruppen (Teilpopulationen) zerlegt. Diese
entwickeln sich in zum Teil unterschiedlichen Naturräumen unabhängig voneinander weiter. Zufällige Erbänderungen (Mutationen) verändern die
genetische Ausstattung (den Genpool). Es überleben im Laufe der folgenden Generationen die Individuen (Mutanten), die dem neuen Lebensraum am besten angepasst sind (Selektion). Die räumliche
Trennung (Isolation) macht eine Wiedervermischung der Teilpopulationen unmöglich. So entwickeln sich allmählich neue Arten, die nach biologischer Definition nur noch so wenig miteinander verwandt
sind, dass sie sich nicht mehr (bei einer denkbaren neuerlichen Vermischung in einem gemeinsamen Gebiet) untereinander fortpflanzen können. Es lassen sich sogar Stammbäume aufstellen, in denen
die zeitliche Abspaltung aus dem gemeinsamen Ursprungsstamm dargestellt werden kann. Zugrunde gelegt wird die Häufigkeit und der Ort der Mutationen, die bei einer DNA-Analyse der verschiedenen
Spechtarten festgestellt werden kann. Die Zeitdauer einer solchen Entwicklung dürfte aber bestimmt viele tausend Jahre beansprucht haben.
Die genannten wissenschaftlichen Methoden sind zum großen Teil nur Indizienbeweise. Es war ja schließlich niemand dabei und hat die Evolution mit
eigenen Augen verfolgen können. Und darum ist es auch nicht ausgeschlossen, dass die eine oder andere Aussage auch nicht mehr Wert hat als eine Märchenerzählung. Jeder ernsthafte Wissenschaftler
wird das allerdings von sich weisen, …. bis sich doch einmal das Gegenteil herausgestellt.
Zum Zustand heute:
Die passenden Lebensräume für die verschiedenen Spechtarten werden kleiner und verschwinden zunehmend. Als Diskussions- und Argumentationsgrundlage,
welche Tierarten zum Aussterben verurteilt sind, braucht es Zahlen. Und diese fehlen für Spechte. So ist zum Beispiel der Wendehals, der vor 30 Jahren noch fast in jedem Obstgarten anzutreffen
war, praktisch verschwunden.
Deshalb bittet der Landesverband des LBV um Mitarbeit! Man will die noch vorhandene Häufigkeit – oder besser Seltenheit – der spatzengroßen
Kleinspechte erfassen. Für die Kartierung / Zählung sind keine besonderen Vorkenntnisse notwendig. Die Kartierer werden geschult und vor Ort unterstützt. Da der Kleinspecht weder besonders
häufig, noch wegen seiner geringen Größe auffällig ist, sondern leicht übersehen werden kann, ist eine wichtige Voraussetzung für den Erfolg des Auffindens und Beobachtens allerdings eine gewisse
Geduld.
Wer sich an der Kartierung beteiligen will, möge sich bitte unter der Mailadressebarbara.leon@lbv.deoder über die Telefonnummer 09901/90 33 38
melden. Jeder interessierte und geduldige Naturfreund ist für eine Mitarbeit herzlich willkommen!