Egg. Ende August fehlt etwas auf Schloss Egg. Es ist ungewöhnlich still, keine Kjak-Kjak-Rufe aus der Luft, keine schwarzen Vögel, die in wagemutigem, akrobatischem Flug das
Gemäuer umkreisen. Das ist normal, sagt Konsul Georg Luitpold Hartl, Schlossherr und Dohlenfreund, gelassen. Nach der Brutzeit verschwinden die Dohlen, nur noch gelegentlich kreisen kleine
Gruppen um die Mauern, als ob einzelne Vögel nachschauen wollten, ob noch alles in Ordnung ist mit der Kolonie.
Mindestens 40 Brutpaare wurden in diesem Jahr gezählt. Die Kolonie ist etwas besonderes, in Niederbayern ist keine größere bekannt - und keine, die dem Hausherren mehr willkommen ist.
Das die Dohlen in den Mauern des Schlosses nisten dürfen, ist für Hartl selbstverständlich. Das Egger Schloss kann man sich ohne Dohlen nicht vorstellen. Manchmal habe ich das Gefühl, dass die
schwarzbefrackten Vögel die wahren Schlossherrn sind und mitleidig auf uns Menschen herab sehen, sinnt Hartl.
Ökologischer Denkmalschutz
Als das Schloss vor einigen Jahren renoviert wurde, hat Hartl den Bauarbeitern die Anweisung gegeben, alle Brutnischen für die Dohlen offen zu halten. Dafür hat er den Begriff "ökologischer
Denkmalschutz" geprägt. Natürlich lassen die Dohlen Nistmaterial auf die Treppe fallen, meint Hartl, aber es stört ihn nicht regelmäßig die Treppe zu kehren. Dafür lebt er in Gesellschaft einer
sympathischen Vogelschar. Da könnte sich so mancher Schlossbesitzer oder Kirchenadministrator ein Vorbild nehmen. Es gibt eine Menge Nisthilfen, die man bei Renovierungsarbeiten unproblematisch
anbringen kann.