Winter. Er ist wieder da. Ob es wieder der Gleiche ist wie im Vorjahr? Woher ist er gekommen? -
Von wem rede ich?
Vom stolzen Seeadler natürlich. Er hält sich in unserer Region für den Größten. Ob das so stimmt, müsste man im Einzelfall allerdings nachprüfen. Denn da gibt es noch den majestätischen Schwan.
Beide bringen es auf eine Flügelspannweite von Zimmerhöhe, nämlich bis zu 2,40m. Das Gewicht der Schwäne (bis 14 kg beim Männchen) kann aber bedeutend höher sein als das des Adlers (bis 7
kg beim Weibchen). Beide haben auch (theoretisch) eine sehr hohe Lebenserwartung: bis mindestens 20 Jahre.
Porträt, Flugbild, Gündeln, Baden
Noch eine gemeinsame Eigenschaft finde ich erwähnenswert: Männchen verteidigen ihre Reviere gegen Eindringlinge. Beim Adler konnte ich das (an der Müritz) nur aus der Ferne und
andeutungsweise beobachten. Umso eindrucksvoller konnte ich einen Schwanenkampf filmen. Wenn die nicht gerade kleinen Vögel aufeinander losgehen, beginnt mit Flügelschlagen ein Kampfgetümmel, das
Wasser rauscht und spritzt, ein Männchen versucht seinen Rivalen so zu packen, dass es ihn unter Wasser drücken und ertränken kann. Das Kampf kann minutenlang dauern, und es geht um Leben und
Tod, falls der Schwächere nicht aufgibt und flieht. Während der Auseinandersetzung, so konnte ich das erleben, umkreiste das Weibchen mit 5 Jungen im Gefolge in aller Seelenruhe – wie es
mir schien - ganz dicht die Kämpfenden, schwamm sogar einem Kämpfer unter dem geöffneten Flügel durch und nahm dabei teilweise Imponierhaltung ein. Was „denkt“ sich die Vogelfrau?
„Ich muss meinen Gatten mit Aufmunterung unterstützen“ oder „ich muss meinen Kindern zeigen, wie das Leben so ist“ oder „einer der beiden wird für mich schon übrig bleiben“ ? Unserem
Interpretationsvergnügen sind keine Grenzen gesetzt.
Die Bilder sind einem Video entnommen.
Bei den nahe verwandten Graugänse halten die Partner – so berichtet Konrad Lorenz – fest zusammen. Bei den Seeadlern scheint es nicht unbedingt so zu sein, wie uns Fred Bollmann vom Feldberger
See erzählte. Er hatte ein Seeadlermännchen „dressiert“. Wenn er mit seinem Boot hinausfuhr, konnte er es mit Rufen und einem Fisch in der Hand locken. Dieses Männchen wurde von einem jüngeren,
offensichtlich stärkeren aus seinem Revier vertrieben. Das Weibchen blieb offenbar unbeteiligt.
Damit sind aber auch im Wesentlichen schon ihre Gemeinsamkeiten aufgezeigt. Die auffälligen Unterschiede beginnen schon im Federkleid. Der Schwan ganz in Weiß – wie die Deggendorfer beim
gleichnamigen Dinner, der Seeadler in ordinärem Braun, nur der Schwanz ist beim erwachsenen Tier auch in einem stilvollen Weiß.
Offensichtlich sind auch die Unterschiede in ihrem Körperbau und spiegeln sich auch in ihrer Lebensweise wider. Die spitzen und kräftigen Krallen des Adlers dienen zum Fang und zum Töten der
Beute. Er greift Fische von der Wasseroberfläche, und auch andere Tiere, die er am oder neben dem Wasser findet, und geht auch an Aas. Beuteschlagen gelingt nur im Überraschungsmanöver, im Flug
ist er zu wenig wendig. Die Beute wird anschließend mit seinem kräftigen Hakenschnabel zerrissen und zerkleinert.
Seeadlerbilder von der Müritz
Nicht nur Seeadler, auch Fischadler, Rot- und Schwarzmilan,
Möwen, Nebelkrähen fliegen hinter den Fischerkähnen her und stürzen sich auf den Beifang
Bilder von der Müritz
Der Schnabel des Schwanes ist ganz anders gestaltet. Gerade, etwas abgeflacht, mit hornigen „Zähnen“ gut geeignet, Pflanzen abzuzupfen. „Gründelt“ der Schwan, sucht er Unterwasserpflanzen.
An der Schnabelbasis sitzt ein schwarzer Höcker oben drauf. Dieser hat dem Schwan seinen Namen „Höckerschwan“ verliehen. Im Winter sind manchmal auch der nordische Singschwan, ganz selten sogar
der Zwergschwan zu Gast. Passend zur Lebensweise sind die großen Füße, die mit Schwimmhäuten ausgestattet sind. Das passt gut zu seinem bevorzugten Lebensraum, dem Wasser.
Auch die Jungen beherrschen nach ihrem Schlupf aus den Eiern sofort das Schwimmen und folgen ihren Eltern.
So finden wir beide Vogelarten im gleichen Lebensraum. Bei uns z.B. in den Isarauen. Jede hat aber ihre eigene Art zu leben, die ihr angeboren ist. Ihr jeweiliger Körperbau und ihr angeborenes
(und dazu erlerntes) Verhalten bilden zusammen mit ihrem Lebensraum eine sinnvolle Einheit. Das nennen die Biologen eine „ökologische Nische“. Der Begriff bezieht sich also nicht – wie oft
fälschlich angenommen wird – auf einen bestimmen (geografischen) Platz in der Natur, sondern er beschreibt, mit welcher Strategie ein Tier sein Leben meistert.
Wenn „unser“ Seeadler uns also im Frühjahr wieder verlässt, tauscht er zwar seinen Winterlebensraum (bei uns) gegen einen anderen in seinem Brutgebiet (weiter im Norden) aus, aber seine
ökologische Nische bleibt dieselbe.